ANEMONA CRISAN


NHT–Neue Heimat Tirol, Wohnanlage Blaiken Scheffau, Tirol 2021.

Als Siegerin des geladenen Wettbewerbs lud mich die  NHT–Neuen Heimat Tirol ein für die neu gebaute Wohnanlage in Blaiken, Scheffau in Tirol diese Skulptur mit dem Titel "Zusammen Wachsen" zu realisieren.

In dieser neuen Wohnanlage werden sich viele Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben begegnen. Die Seele einer solchen Anlage ist die Gemeinschaft der Bewohner und Bewohnerinnen, die sich im Laufe der Zeit bildet. Unbekannte werden zu Bekannten, später zu Freunden und Vertrauten. Ich thematisiere in meinem Werk diesen Prozess der ersten Begegnung, der Kommunikation und des Zusammenwachsens der hier lebenden Menschen.

Mein Werk besteht aus zwei Kopf-Hälften: Eine Hälfte mit eckigem Netz, die andere Hälfte mit rundem Netz. Sie sind in einem bestimmten Winkel so zueinander aufgestellt, dass sie je nach Standpunkt der BetrachterInnen, optisch unterschiedlich zusammengefügt werden: Mal gehen sie optisch ineinander über und bilden einen ganzen Kopf, mal gibt es eine Distanz zwischen den beiden, mal überlappen sie sich vollkommen – alles Qualitäten, die auch die zwischenmenschliche Kommunikation abbilden. Ein Thema, das in der heutigen Zeit großer Polarisierung auch über diese Wohnanlage hinaus uns Menschen beschäftigt.

Wenn Menschen miteinander in Beziehungen treten und die entstandenen Beziehungen dann pflegen, dauert das seine Zeit. Daher wählte ich als Material für meine Skulptur Corten-Stahl. Seine besondere Eigenschaft, im Laufe der Zeit eine an die lokalen Witterungsverhältnisse angepasste Patina zu entwickeln, symbolisiert diese Zeit. Je länger dieser Prozess dauert, umso robuster und hiesiger bildet sich die Patina der Skulptur aus, denn im Gegensatz zu normalem Stahl, der durch Rost aufgezehrt wird, stabilisiert sich die Patina des Corten-Stahls und wird zu einem schützenden Überzug.

Die Skulptur steht im Eingangsbereich des straßenseitigen Gebäudes der Wohnanlage auf einer allgemein zugänglichen Fläche, was es den Bewohnern und Besuchern der Anlage ermöglicht die Skulptur zu umrunden und aus jedem beliebigen Blickwinkel zu betrachten. So erschließen sich für jede und jeden Einzelnen erwartete und gänzlich unerwartete Sichtweisen und Blickwinkel. Ein immer wieder neues alltägliches Experiment mit Standpunkt und Einsicht.

Neben der Begegnung zwischen den Menschen ist aber auch die Beziehung Mensch-Natur zentrales Thema. 
Die Idee des "Zusammenwachsens" möchte ich daher auch in dieser Beziehung aufnehmen und rund um die Skulptur Alpine Waldreben (Clematis) als winterharte und  robuste heimische Kletterpflanze setzen. Die Clematis steht in hier für das Unvorhergesehene, Spontane. Sie windet sich um die beiden Kopfhälften ganz nach ihrem eigenen Plan, schafft Verbindungen zwischen beiden Teilen. Eine Symbiose, in der der Mensch die Stütze für die Natur ist, die ihrerseits auf ihn zurückwirkt und nach und nach die Menschen zu einem Ganzen zusammen wachsen lässt.

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